Auf Schotterstraßen zu besserem Hören

Eine Reise nach Uganda: Marco Faltus war auf eigene Faust in Uganda unterwegs, um Kinder mit Hörverlust zu versorgen.

Einen neuen Kontinent zu bereisen – und das auch noch für einen guten Zweck, nämlich Kindern und Jugendlichen zu besserem Hören zu verhelfen: Diese Gründe bewogen meine Kollegin Anne und mich unter anderem dazu, im April letzten Jahres technisches Equipment und Hörgeräte zusammenzupacken und uns auf den Weg nach Uganda zu machen.

Am 10. April 2018 startete unser Flieger von Frankfurt über Addis Abeba in Äthiopien nach Uganda. Nach zwölf Stunden Flugzeit kamen wir in der ehemaligen Hauptstadt Entebbe an, wo uns am Flughafen unser Taxifahrer Alex erwartete. Er fuhr uns einige Stunden quer durchs Land in das Dorf Bwanda nahe der Stadt Masaka, bis wir dort an der St. Mark VII School for Deafblind ankamen. Während wir mit dem Auto durch Uganda fuhren, ließen wir die ersten Eindrücke in dem neuen Land auf uns wirken: Auf Ugandas Schotterpisten geht es etwas ruppiger zu als bei uns – wir Europäer sind schon sehr verwöhnt mit unseren gut ausgebauten Asphalt-Straßen! In Uganda dienen die Straßen nicht nur dem Verkehr, dort wird auch gehandelt, gegessen, gefeiert und gelebt. Hauptverkehrsmittel ist das Fahrrad – und bei den Reicheren das kleine Moped.

In der Schule angekommen konnten wir uns am ersten Tag einen umfassenden Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten verschaffen. Unsere Ankunft war natürlich das Highlight schlechthin: Alle Kinder versammelten sich sofort um uns herum. Nach dem ersten Kennenlernen ging es auch gleich zur Sache: Wir richteten den Raum für die Hörmessungen ein, legten Abform-Materialien zum Anfertigen der Otoplastiken bereit und bereiteten die Hörgeräte vor.

Die darauffolgenden fünf Tage verbrachten wir damit, Hörschwellen zu messen, Abformungen der kleinen Ohren zu nehmen, Ohrpassstücke zu fräsen, Hörgeräte anzupassen – und auch mit den Kindern zu spielen. Dabei erlebten wir viele schöne Momente, bekamen aber natürlich auch Leid hautnah mit. Unsere besten Erfahrungen? Ich würde sagen, dass jedes Kind für sich ein Highlight war. Die Hoffnungen, die in uns und die Anpassung der Hörgeräte gesteckt wurden, waren jederzeit deutlich zu spüren. Oft ist Schwerhörigkeit das Überbleibsel einer abgeklungenen Malaria-Erkrankung und kann zu einer sehr starken bis teilweise nicht mehr zu versorgenden Ausprägung führen. Trotzdem konnten wir über 30 Kinder versorgen. Das Lächeln im Gesicht einer Schülerin, nachdem sie das erste Mal in ihrem Leben etwas gehört hatte … das werden wir nie vergessen!

An den Abenden zeigten uns die Kinder voller Stolz ihren Alltag. In verschiedenen Klassenzimmern der Schule werden ältere Jungs zu Schreinern und die Mädchen zu Schneiderinnen ausgebildet. Wir waren dabei, wie innerhalb von zwei Stunden ein Herrenhemd genäht oder an Schrankbrettern gehobelt, gesägt und geleimt wurde, sodass am Ende ein schönes Möbelstück entstand. Natürlich alles ohne Strom!

Schließlich ging die Reise mit unserem Taxifahrer weiter – und zwar zur St. Bruno Training Vocational School in Isingiro, die Teil der „Hilfe für die gehörlosen Kinder in Uganda“ ist. Weitere drei Tage lang hieß es: messen, Ohrabformungen nehmen, Ohrpassstücke fräsen und Hörgeräte anpassen. Auch hier konnten wir wieder erleben, wie glücklich ein Hörgerät machen kann – aber eben auch, wie groß die Enttäuschung ist,  wenn ein solches bei einem tauben Kind einfach nicht ausreicht.

Rückblickend kann ich sagen: Es war eine einmalige und wirklich bewegende Erfahrung, in einem fremden Land in relativ kurzer Zeit so vielen Menschen wie möglich zu besserem Hören zu verhelfen – und dafür so viel Dankbarkeit zu erfahren. Auch wurden wir stets freundlich aufgenommen, durften sehr interessante Gespräche führen und hatten immer das Gefühl, sehr willkommen zu sein!

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Kommentare

One thought on “Auf Schotterstraßen zu besserem Hören

  1. Wertes Team
    Herzlichen Dank für ihre Nachricht, das hat mich sehr ermutigt. Wenn man bedenkt was vor Jahrzehnten noch für eine Schreckensherrschaft war in diesem Lande…..
    Eine Enkelin (8)von uns trägt auch ein Naida SP 50 mit Zubehör und hat dank diesem Gerät noch in der „normalen“ Schule bleiben können.
    Ich selber (Jg. 49) bin schon seit 42 Jahren auf Hörgeräte angewiesen. Zurzeit am ausprobieren,
    Naida 50 SP, oder 90 SP? bin noch nicht schlüssig.
    Ist auch eine Preisfrage, (Senior)
    Mit freundlichem Gruss, Werner Singer

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