Roger™ im Vergleich zu nicht-adaptiven Wireless-Mikrofonen – Was ist der Unterschied?

Wireless-Mikrofonsysteme für das Klassenzimmer sollten unter Berücksichtigung der funktionalen Bedürfnisse der Schüler mit Hörverlust ausgewählt werden. Gestützt auf empirischen Erkenntnissen, Fachwissen und den persönlichen Erfahrungen als Hörakustiker mit hochgradigem Hörverlust, erörtert Peter Stelmacovich, welche Unterschiede es zwischen diesen Technologien gibt.

Hörakustiker und Lehrkräfte haben heute eine größere Auswahl an Wireless-Mikrofontechnologien als je zuvor. Allerdings müssen sie die Unterschiede zwischen diesen Mikrofonen kennen, um eine fundierte Wahl treffen zu können. Am besten lässt sich die Eignung eines Wireless-Mikrofons beurteilen, wenn es im Kontext der funktionalen Bedürfnisse der hörgeschädigten Schüler betrachtet wird.
Die verfügbaren Wireless-Mikrofone lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen: Es gibt Phonak Roger, ein adaptives digitales Übertragungssystem, und nicht-adaptive Wireless-Mikrofone. Adaptive digitale Übertragungssysteme wie Roger erfassen den Geräuschpegel im Raum sowie den Pegel der Sprecherstimme und passen die Verstärkung des Empfängers an, um den Signal-Rausch-Abstand zu vergrößern. Nicht-adaptive Systeme, zu denen auch Bluetooth-Mikrofone gehören, liefern eine fixe Verstärkung und passen sich nicht an die Umgebung an. Sie erzielen damit einen kleineren Signal-Rausch-Abstand.

Im Einzelnen werden die folgenden, häufig verwendeten adaptiven Wireless-Mikrofone untersucht:

1. Phonak Roger Touchscreen
2. Phonak Roger Select
3. Phonak Roger Pen

Aus der Gruppe der nicht adaptiven Wireless-Mikrofone wurden folgende untersucht:

1. Phonak Partner Mic
2. Bluetooth-Mikrofon A eines Mitbewerbers
3. Bluetooth-Mikrofon B eines Mitbewerbers

Hörbedürfnisse der Schüler
Wie sehen die Hörbedürfnisse der Schüler aus? Wir wissen, dass die Schüler in der Lage sein müssen, die Lehrkraft im Klassenzimmer zu hören und zu verstehen. Der Unterricht hat sich jedoch in den vergangenen 25 Jahren verändert. Die Kinder sitzen nicht mehr an Tischen, die hintereinander aufgestellt sind, während die Lehrkraft frontal den Stoff präsentiert. Heute wird mehr Wert auf interaktives Lernen, Schülerbeteiligung, Gruppenarbeit und den Einsatz von Technologien gelegt. Forscher von Phonak fanden durch die akustische Analyse eines typischen Schultages heraus, dass ein Schüler nur 22% des Schultages dem Frontalunterricht einer Lehrkraft folgt.1
Die folgende Liste zeigt die potentiellen Bedürfnisse von Schülern in der heutigen Schulumgebung. Bei der Entscheidung für ein Wireless-Mikrofonsystem sollte man bedenken, inwieweit das System diese Anforderungen angemessen erfüllt, um einen gleichberechtigten Zugang zu gewährleisten.

Anforderung Nr. 1: Verstehen einer einzelnen Lehrkraft über Distanz und im Störgeräusch
Es ist gut dokumentiert, dass Klassenzimmer laute Umgebungen sind.2 Darüber hinaus verschlechtern Distanz und Nachhall das Sprachverstehen zusätzlich – bei allen Schülern. Schüler mit Hörverlust benötigen zudem einen größeren Signal-Rausch-Abstand (SNR) als ihre normalhörenden Mitschüler. Mit zunehmendem Hörverlust steigt auch der für das Sprachverstehen erforderliche SNR. Aus diesem Grund werden in Schulen schon seit vielen Jahren Wireless-Mikrofonsysteme eingesetzt.
Alle untersuchten Wireless-Systeme übertragen die Stimme der Lehrkraft über Distanz. Allerdings übertragen die adaptiven Roger-Systeme die Stimme der Lehrkraft mit einem größeren SNR, da das Mikrofon den Geräuschpegel während der Sprechpausen der Lehrkraft misst und die Empfängerverstärkung entsprechend anpasst.3

Anforderung Nr. 2: Anpassung an wechselnde Geräuschpegel im Klassenzimmer
In einem Klassenzimmer ändert sich die Geräuschkulisse ständig. In einer Studie wurde festgestellt, dass die Geräuschpegel im Klassenzimmer von 52 dB SPL (stilles Lesen) bis zu 77 dB SPL (Gruppenarbeit) reichen.4 Das Wireless-Mikrofonsystem muss mit all diesen Geräuschpegeln im Klassenzimmer zurechtkommen.
Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass ein adaptives digitales System wie Phonak Roger ein deutlich besseres Sprachverstehen ermöglicht als nicht-adaptive Systeme.5,6 Ein Unternehmen hat sogar Ergebnisse aus einer Studie zur Sprachwahrnehmung bei verschiedenen Geräuschpegeln veröffentlicht, die zeigten, dass bei 75 dB nur 32% der Wörter erkannt wurden, während die Worterkennungsrate fast 70% betrug, wenn ein adaptives digitales System wie Roger verwendet wurde.5,7
Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass die drei Roger-Systeme mit adaptiver Verstärkung das Problem der schwankenden Geräuschpegel im Klassenzimmer berücksichtigen. Von den nicht-adaptiven Bluetooth-Mikrofonsystemen kann sich hingegen keines an die Geräuschpegel im Klassenzimmer anpassen – das Lernverständnis könnte daher schlechter sein als mit einem Roger-System.

Anforderung Nr. 3: Verstehen beim Team-Unterricht
In einigen Klassen wird entweder manchmal oder regelmäßig im Team unterrichtet, zum Beispiel wenn ein spezieller Redner in die Klasse kommt oder bei Schülerpräsentationen. Auch Schüler mit Hörverlust sollten jede Person, die vor der Klasse spricht, hören und verstehen können. Daher muss das Wireless-Mikrofonsystem die Möglichkeit bieten, mehrere Wireless-Mikrofone einzusetzen, die alle Sprecher im Klassenzimmer erfassen.

Kommen wir jetzt zurück zu unserem Vergleich der sechs Mikrofonsysteme. Bei allen Phonak Roger-Mikrofonen können 10 oder mehr Mikrofone in einem Netzwerk zusammenarbeiten. Diese Mikrofone können nicht alle gleichzeitig aktiv sein, da dies dazu führen würde, dass Schüler mit Hörverlust auch unerwünschte Geräusche hören. Die Roger-Mikrofonsysteme sind so konzipiert, dass die einzelnen Mikrofone nur dann aktiviert werden, wenn direkt in diese gesprochen wird, damit immer jeweils nur ein Sprecher zu hören ist. Das Roger Touchscreen Mic bietet auch die Möglichkeit, ein Hauptmikrofon für die Lehrkraft mit einem zusätzlichen Mikrofon (z. B. einem Pass-around Mic) zu kombinieren, um sanfte Übergänge zwischen den Sprecherstimmen zu ermöglichen. Alle anderen Mikrofone bleiben dabei auf Stand-by, sodass weiterhin ein großer SNR gewährleistet ist. Keines der untersuchten nicht-adaptiven Bluetooth-Systeme erfüllt diesen Anspruch.

Anforderung Nr. 4: Mitschüler verstehen
Heutige Klassenzimmer sind höchst interaktive Umgebungen, in denen die Beteiligung der Schüler gefördert wird. Schüler mit Hörverlust müssen in der Lage sein, sowohl ihre Mitschüler als auch die Lehrkraft zu verstehen, um von dieser komplexen Lernsituation profitieren zu können.
Stellen Sie sich einmal vor, wie der folgende Austausch zwischen einer Lehrkraft und einem Schüler mit Hörverlust verlaufen würde. Dies entspricht den Erfahrungen des Autors bei dem Versuch, Sprache im Klassenzimmer mit und ohne Verwendung mehrerer Mikrofone zu verstehen.

 

Folglich ist ein System mit mehreren Mikrofonen zwingend erforderlich. Diesen Anspruch erfüllt jedes der untersuchten Roger-Mikrofonsysteme aber keines der Bluetooth-Mikrofone.

Anforderung Nr. 5: Verstehen bei Gruppenarbeit im Störgeräusch
Gruppenarbeit, bei der die Schüler in kleinen Gruppen von 4-5 Personen Aufgaben erledigen, gehört zu den wichtigsten Elementen des modernen Unterrichts und stellt eine besonders anspruchsvolle Hörsituation dar. Da mehrere Gespräche gleichzeitig stattfinden, ist der Geräuschpegel im Klassenzimmer während einer Gruppenarbeit sehr hoch. Hohe Lärmpegel verschlechtern den SNR und beeinträchtigen das Verstehen.
Um das Sprachverstehen in einer Gruppe zu verbessern, hat Phonak ein rotierendes Richtmikrofonsystem entwickelt, das sich automatisch auf die jeweils sprechende Person ausrichten kann. Diese Funktion ist nur bei Roger-Touchscreen- und Select-Mikrofonen verfügbar.

Anforderung Nr. 6: Zugang zu Multimedia-Inhalten
Technische Hilfsmittel spielen eine äußerst wichtige Rolle im modernen Klassenzimmer. Dazu gehören Whiteboards, Computer, Tablets und Fernseher. Für Schüler mit Hörverlust stehen zahlreiche Lösungen zur Verfügung, die z.B. den Ton direkt an die Hörgeräte übertragen oder die Nutzung von zwischengeschalteten Streaming-Geräten und eine direkte Verbindung zum Wireless-Mikrofon ermöglichen. Mit Ausnahme des Phonak Partner Mic verfügen alle untersuchten Wireless-Mikrofone über Audioeingänge der einen oder anderen Art. Das Phonak Touchscreen-Mikrofon lässt sich jedoch mit einem Multimedia-Hub kombinieren, sodass die Lehrkraft weiterhin das Touchscreen-Mikrofon verwenden kann, um den präsentierten Lernstoff zu kommentieren, während der Multimedia-Hub ein hochwertiges Signal an Schüler mit Hörverlust sendet.

Anforderung Nr. 7: Hören in verschiedenen sozialen Situationen
Schule umfasst mehr als nur das Lernen im Klassenzimmer. Die Kommunikation mit Gleichaltrigen bei Aktivitäten außerhalb des Unterrichts ist für die affektive (emotionale) Entwicklung der Schüler von entscheidender Bedeutung. Ein ideales Wireless-Mikrofonsystem sollte in verschiedenen Hörumgebungen eingesetzt werden können, nicht nur im Klassenzimmer.
Alle untersuchten Wireless-Mikrofone erfüllen diese Anforderung und können im Einzelgespräch mit einem Gleichaltrigen verwendet werden. Allerdings verfügen nur die Touchscreen- und Select-Mikrofone über automatisch rotierende Richtmikrofone, die den SNR in einer Gruppensituation verbessern.

Anforderung Nr. 8: Hören in der Turnhalle/Aula
In der Turnhalle oder Aula ist der Abstand zwischen Sprecher und Schülern noch größer als im Klassenzimmer, was zu einem noch geringeren SNR führt. Hier kommt es auf die Übertragungsreichweite des Wireless-Mikrofonsystems an. Im Allgemeinen haben Bluetooth-Mikrofone eine geringere Übertragungsreichweite, sodass sie für eine Distanz von bis zu 20 m geeignet sind.8 Roger Touchscreen hat in der Regel eine Reichweite von 50 m. Wenn eine größere Reichweite erforderlich ist, können zusätzliche Geräte zur Erhöhung der Reichweite (Roger Repeater) hinzugefügt werden.

Anforderung Nr. 9: Kompatibilität mit Beschallungssystemen
Ein ideales System sollte im Sinne des Universal Design in der Lage sein, den Bedürfnissen aller Schüler im Klassenzimmer gerecht zu werden. Klassenzimmer-Beschallungssysteme, auch bekannt als Soundfield-Systeme, sind in erster Linie für normalhörende Schüler konzipiert. Einige verfügen zwar über Audioausgangsfunktionen, aber wenn ein adaptives Wireless-Mikrofonsystem mit diesen Beschallungssystemen verbunden wird, funktionieren die adaptiven Funktionen nicht – bei höheren Lärmpegeln führt dies zu einem schlechteren SNR. Das einzige untersuchte Mikrofonsystem, das sowohl mit persönlichen Hörgeräten als auch mit Beschallungssystemen kompatibel ist, ist das Touchscreen-Mikrofon.

Anforderung Nr. 10: Kompatibilität mit Hörgeräten und Cochlea-Implantaten unterschiedlicher Marken
Ein ideales System sollte mit allen Hörgeräten und Cochlea-Implantaten kompatibel sein. Die Empfänger der Phonak Roger-Mikrofone sind mit fast allen derzeit erhältlichen Hörgeräten kompatibel.
Ganz im Gegensatz zu den Bluetooth-Mikrofonen, die nur mit Geräten eines Herstellers kompatibel sind. Es gibt kein Bluetooth-Mikrofon für alle Hörgeräte-Marken. Gibt es in der Klasse mehrere Schüler, die Hörgeräte unterschiedlicher Hersteller verwenden, muss die Lehrkraft mehrere Mikrofone gleichzeitig tragen. Alle drei Roger Wireless-Systeme erlauben es der Lehrkraft jedoch, alle Schüler mit Hörverlust über ein einziges Mikrofon zu erreichen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nur das Phonak Roger Touchscreen Wireless-Mikrofonsystem alle Hörbedürfnisse eines Schülers im Klassenzimmer erfüllen kann. Roger Select und Roger Pen erfüllen die meisten Anforderungen, aber nicht alle. Keines der untersuchten nicht-adaptiven Bluetooth-Mikrofone erfüllt die Anforderungen adäquat, da diese Mikrofone in erster Linie für die Verwendung mit nur einem Sprecher konzipiert sind.

Wenn Sie mehr über das Sprachverstehen in Kombination mit unserer Roger-Technologie im Klassenzimmer erfahren wollen, klicken Sie bitte hier.

 

 

Quellenangaben

  1. Feilner, M., Rich, S., & Jones, C. (2016). Automatic and directional for kids – Scientific background and implementation of pediatric optimized automatic functions. Phonak Insight, retrieved from www.phonakpro.com/evidence, accessed July 31st, 2020.
  2. Sheild, B. M. (2008). The effects of environmental and classroom noise on the academic attainments of primary school children. The Journal of the Acoustical Society of America, 123- 133.
  3. Phonak (2013). Roger Pen: Bridging the understanding gap. Phonak Insight. Retrieved July 31st 2020, from https://www.phonakpro.com/content/dam/phonakpro/gc_hq/en/resources/evidence/white_paper/documents/technical_paper/Insight_Roger_Pen_028-0933.pdf.
  4. Sheild, B., & Julie, D. (2003). The effects of classroom noise on children’s academic attainments. White paper. Retrieved July 31st 2020, from http://mail.sea-acustica.es/fileadmin/publicaciones/Sevilla02_rba08004.pdf.
  5. Thibodeau, L. (2014). Comparison of speech recognition with adaptive digital and FM remote microphone hearing assistance technology by listeners who use hearing aids. American Journal Of Audiology, 23(2), 201-210.
  6. Wolfe, J., Morais, M., Schafer, E., Mills, E., Peters, R., & Lianos, L. et al. (2013). Better speech recognition with Digital RF system in study of cochlear implants. The Hearing Journal, 66(7), 24-26.
  7. Oticon. (2020). Enhanced learning with EduMic White Paper 2019. Retrieved July 9th, 2020, from https://wdh02.azureedge.net/-/media/oticon-us/main/download-center—myoticon—product-literature/whitepapers/20-16524-15555-9925-edumic-whitepaper.pdf?rev=964B&la=en
  8. Oticon (2020). EduMic FAQ. Retrieved July 9th 2020, from https://www.oticon.ca/hearing-aid-users/support/faq/edumic.