Alter ist nur eine Zahl…
Für welche Kunden Remote Support und andere eAudiology-Anwendungen geeignet sind
Mein erstes Projekt nach dem Umzug aus Amerika in die Schweiz im Jahr 2011 war der Remote Support. Ich fand es schon immer spannend, welche Möglichkeiten mit dieser Technologie verbunden sind – und hatte große Freude daran, die Markteinführung des Remote Supports bei Phonak zu begleiten.
Eine Sache, nach der ich häufig gefragt werde: Welches ist eigentlich das richtige Kundenalter für Remote Support? Hörgeräteträger sind schließlich durchschnittlich in ihren Siebzigern, so dass der Einsatz von Smartphones, Apps, etc. in der Zielgruppe bisher häufig in Frage gestellt wurde. Doch darin sehe ich letztlich kein Problem!
Hauptsache motiviert
Bei zwei unserer Feldversuche lag das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer bei 63 Jahren. 25% der Teilnehmer ließen sich vor oder während dem Remote Support-Termin mit ihrem Hörakustiker von einem Familienmitglied oder Bekannten helfen. Das hat uns gezeigt, dass auch Kunden, die zunächst technisch vor einer Herausforderung stehen, einen Weg finden, Remote Support zu nutzen – solange sie motiviert sind. Wenn sie Geräte wie Smartphones oder Tablets nicht selbst bedienen können, bitten sie einfach jemanden um Hilfe. Eine tolle Lösung! Wir haben die Hilfe durch Familienmitglieder oder Bekannte in der Studie bewusst weder gefördert noch verboten – wenn Hörakustiker ihre Kunden hierzu also ermutigen, wäre der Prozentsatz der Kunden, die sich helfen lassen, vielleicht sogar größer als 25%.
„Cool“ für junge Leute
Seit längerem arbeiten wir alle in unserer Branche gemeinsam daran, das Durchschnittsalter von Hörgeräteträgern zu senken und die ‚Early Adopter‘-Rate zu steigern. eAudiology könnte gerade für Teenager und junge Erwachsene ein attraktives Argument sein. Als Digital Natives nutzt diese Altersgruppe täglich digitale (Smartphone-)Technologien. Tatsächlich zeigte eine von Adrian Davis und Gwen Carr durchgeführte Studie zu Remote Support bei von Hörverlust betroffenen, aber wenig motivierten Teenagern sehr vielversprechende Ergebnisse. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass der Einsatz von Technologie für diese Altersgruppe besonders attraktiv ist: Digitale Lösungen ermöglichen es den Teenagern, Hörgerätedienstleistungen selbständig in Anspruch zu nehmen. Ein anderer Kollege von mir führt derzeit eine Studie mit Teenagern im Alter von zwölf bis 20 Jahren in China durch und erhält durchweg die Rückmeldung, dass Remote Support „cool“ sei. Eine schöne Sache, wenn Kunden Ihren Service als „cool“ oder Spaß bringend empfinden, oder?
Komfort für „Millenial Moms“ und das bunte Familienleben
Dann wären da noch die Kinder. Deren Eltern sind eigentlich auch im besten Alter, moderne Technologien für eine auf die Bedürfnisse der Familie optimal abgestimmte Versorgung zu nutzen. Man denke an die sogenannten „Millenial-Moms“. Forbes bezeichnet so eine neue Generation von Müttern, die durchschnittlich acht Stunden am Tag online sind und die Kontrolle über 85% der Ausgaben im Familienhaushalt haben. Ich kann Ihnen versichern: Für diese Kundinnen ist es beispielsweise ein Kinderspiel, einen Remote Support-Termin wahrzunehmen und mithilfe des Feedback-Managers eine quietschende Otoplastik zum Schweigen zu bringen!
Für manche Familien können Remote Support-Dienstleistungen auch zeitliche Engpässe lösen: Können z. B. Mama oder Papa nicht einfach in der Arbeit fehlen und als Begleitung zu Terminen beim Hörakustiker mitkommen, können für sie wichtige Informationen verloren gehen. Als ehemalige Pädakustikerin kenne ich dieses Problem, und wir alle wollen es tunlichst vermeiden. Eine Studie von Karen Muñoz et al. (2017) setzt genau hier an: Die tägliche Hörgeräte-Tragezeit bei Kindern konnte erhöht werden, indem mithilfe von Remote-Terminen die per Data Logging aufgezeichneten Daten ausgelesen, gemeinsam besprochen und die Eltern auf dieser Basis gezielt beraten werden konnten. Dank Remote Support konnte der Hörakustiker alle Bezugspersonen zu einem für sie passenden Zeitpunkt in die Termine einbeziehen. Ich kann mich an viele Familien aus meiner Zeit als Pädakustikerin erinnern, für die dieser Service Gold wert gewesen wäre!
eAudiology-Tools sind altersunabhängig
Ich glaube, dass Remote Support und andere eAudiology-Tools in Zukunft zu unserem Alltag gehören werden und wir uns gerade in einer Übergangsphase befinden. Und ich bin überzeugt: Es gibt keine grundsätzliche Altersgrenze für die Nutzung dieser Tools – was für ein Potenzial!
Alle Ihre Kunden – einige mit Hilfe ihrer Familie oder Freunde – könnten dank Digitalisierung Zugang zu einer neuen Art der Versorgung erhalten. Das heißt nicht, dass Remote Support-Termine für jeden Kunden das richtige sind! Aber sie sind eine Option, die Sie nicht allein wegen des Alters eines Kunden von vornherein ausschließen sollten. Entscheiden Sie einfach aufgrund der individuellen Bedürfnisse eines Kunden, ob er geeignet ist, denn: Alter ist nur eine Zahl!
Die Aufnahme eines auf Englisch stattgefundenen Webinars mit Jean Anne zu diesem Thema ist über http://learning.phonakpro.com/ verfügbar. Halten Sie auch Ausschau nach dem Hashtag #eaudiologyphonak auf LinkedIn, Twitter und Facebook.
Referenzen:
Venkatesan, A., & Carr, G. (2019). Could teleaudiology be the answer for teens? Phonak Field Study News, in preparation.
Karen Muñoz, Kristin Kibbe, Elizabeth Preston, Ana Caballero, Lauri Nelson, Karl White & Michael Twohig (2017) Paediatric hearing aid management: a demonstration project for using virtual visits to enhance parent support, International Journal of Audiology, 56:2, 77-84